\ Spielzeit 2024 / 25 \ Repertoire \ Das Vermächtnis (The Inheritance) - Teil 2
IN DER ÜBERSETZUNG VON HANNES BECKERNACH DEM ROMAN „HOWARDS END“ VON E. M. FORSTER
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Der zweite Teil von Matthew Lopez‘ ergreifendem Gesellschaftsepos lässt Eric und Toby auf der Suche nach Sinn im Leben und ihrem Beitrag für die Welt in tiefe Existenzkrisen stürzen. Der aufkeimende Populismus der Trump-Ära und die Frage nach persönlicher Haltung dazu spalten ihren Freundeskreis und konfrontieren Eric mit dem Gegensatz zwischen individuellem Glück und gesellschaftlicher Verantwortung. Toby kann in seinem unerreichbaren Verlangen nach Adam weder den Drogen noch seiner Vergangenheit entfliehen und reißt nicht nur sich, sondern auch den Sexarbeiter Leo, welcher Adam erstaunlich ähnlich sieht, ins Verderben. Als Eric einige Monate später unerwartet auf den kranken und vom Leben auf der Straße gezeichneten Leo trifft, weiß er, dass er ihm helfen muss. Er bringt ihn zu Walters Haus außerhalb der Stadt, in dem dieser einst während der Aids-Epidemie viele Männer aufgenommen, ihnen ein Zuhause gegeben und sie bis zum Tod begleitet hat. Mutig stellt Eric sich seiner Verantwortung und tritt Walters Vermächtnis an – bereit, die Welt zu verändern.
The Daily Telegraph bezeichnete "Das Vermächtnis" als das "bedeutendste amerikanische Theaterstück des Jahrhunderts". Matthew Lopez entwirft darin ein breit gefächertes Tableau an homosexuellen Figuren, wie es sie so noch nie zuvor auf der Bühne gegeben hat. Sie alle verbindet die große Sehnsucht nach Liebe, einem glücklichen Leben und einem sicheren Platz in der Welt – universelle Themen, die alle Zuschauer*innen gleichermaßen dazu einladen, sich in den dargestellten Schicksalen wiederzuerkennen, um mit Eric, Toby und ihren Freunden zu lachen, zu lieben und zu leiden.
"Das Vermächtnis (The Inheritance) – Teil 1" feiert am 6. Oktober 2023 Premiere. Das ETA Hoffmann Theater zeigt die beiden abendfüllenden Teile sowohl einzeln als auch an ausgewählten Terminen hintereinander als zusammenhängendes Theaterevent.
Spieldauer: ca. 3 Stunden, eine Pause
„Das Vermächtnis": Wow, so toll kann Theater sein! (Fränkischer Tag)
„Das Vermächtnis“ am ETA-Hoffmann-Theater: zwei Teile, sieben Stunden lang. Es ging lustig zu, traurig, heiter und grausam. Keine Sekunde zu lang. So gut kann Theater sein. Im Schlussbild stehen zwei Männer auf der Bühne. Sie haben einander verletzt. Sie haben einander vergeben. Dann halten sie sich zärtlich in den Armen. Man wird die beiden Männer und ihre Freunde lange Zeit nicht vergessen können. (Fränkischer Tag)
Wo anfangen bei diesen umwerfenden Ensemble? Man muss es bei denen, die mit ihren Figuren im Zentrum der Handlung stehen. Leon Tölle spielt den Strichjungen Leo mit fiebriger Verletzlichkeit. Ein Verlorener, liebesbedürftig wie ein junger Welpe. Bei Eric Glass laufen alle Fäden der Erzählung zusammen. Daniel Seniuk spielt ihn mit klarem Verstand und großem Herzen. Man hätte diesen Eric Glass gerne zum Freund. Marek Egert als von Schuldgefühlen und Selbstmitleid zerfressener Großkotz ist eine Schau. Einer, der nur in Großbuchstaben denkt, lebt und leidet. Und Stephan Ullrich ist einfach Stephan Ullrich. Präzise im Spiel, messerscharf im sprachlichen Ausdruck. Es ist eine Freude, ihn auf der Bühne zu erleben. (Fränkischer Tag)
RegisseurinSibylle Broll-Pape inszeniert auch „Das Vermächtnis, Teil 2“ ausdrücklich als eine Geschichte homosexuellen Lebens, Liebens und Leidens. Nichts wird hier verschämt im Säurebad allgemeingültiger Beziehungsmuster neutralisiert. Stattdessen feiern Broll-Pape und ihre Dramaturgin Petra Schiller ein weiteres Mal die Schönheit der queeren Kultur. Tim Czerwonatis darf als Dragqueen im knapp geschnittenen Hochzeitkleid zu Lady Gagas „Born this way“ die Hüften kreisen. Ach was: Er verschwendet sich mit jeder Faser seines Körpers im Namen einer unbändigen Lust am Leben. (Fränkischer Tag)
Wenn man seit der Premiere des ersten Teils im Oktober jede Woche an die Geschichte und ihre Charaktere denken musste und dem zweiten Teil mit so viel Vorfreude entgegenfieberte und dann die Fortsetzung nicht nur mithalten konnte, sondern man noch begeisterter aus der Aufführung des zweiten Teils herausgeht, wurde man reicht beschenkt. (Rezensöhnchen)
Dreieinhalb Stunden hat damals der erste Teil gedauert. Die Inszenierung von Sibylle Broll-Pape hatte in ihrer Stringenz einen Sog entfaltet, dem man sich nicht entziehen konnte. Das lässt sich nun auch von dem noch einmal über drei Stunden dauernden zweiten Teil sagen, der die lebenspralle Erzählung fortsetzt und zu einem sowohl tragischen als auch hoffnungsfrohen Abschluss führt. (Süddeutsche Zeitung)
Das Drama zeigt das Leben in seiner ganzen schönen wie traurigen Vielfalt. Alle Figuren suchen ihre Bestimmung und stellen sich dabei existenzielle Fragen. Es wird gefeiert und geliebt, verdrängt und verziehen. Die einen kriegen gerade noch die Kurve wie Leo. Leon Tölle strahlt in der Rolle des neunzehnjährigen Strichjungen pure Verletzlichkeit aus. Andere, wie der Dramatiker Toby, werden dagegen von ihrem Selbsthass gnadenlos hinuntergezogen. Marek Egert stellt das als Toby gekonnt dar. (Süddeutsche Zeitung)