\ Spielzeit 2024 / 25 \ Premieren \ Baracke
B I L D E R - G A L E R I E
Boy meets girl, Ramin trifft Bea. Sie gehören zu einer Clique von Jugendlichen aus dem thüringischen Krölpa, einer „Jugend ohne Staat“, finden aber Halt beieinander. „Herzschlag, Beat, Blicke, Blitze, Augen, Lust“, Verliebtsein – es könnte alles so schön sein. Doch schnell holt sie der Alltag ein: „Wie du die Spülmaschine einräumst und die Betten machst, das müsste ich mehr loben, das war der Vorwurf von dir.“ Die Liebe vergeht und Bea findet mit Uwe eine neue. Uwe ist anders, radikal und rebelliert gegen eine Elterngeneration, die so selbstgewiss wirkt, als wüsste sie exakt, wie die Welt läuft. Und wenn es nicht so läuft, wie sie denken, dann muss die Welt sich irren, nicht sie selbst. Uwe und Bea bekommen ein Kind, verliebt, verlobt, verheiratet; die Familie ist gegründet. Und fast scheint ihre Beziehung zum Musterbeispiel und Erfolgsmodell zu werden, denn sie entfliehen den ärmlichen Verhältnissen in Krölpa und ziehen in das Dresdner Villenviertel „Weißer Hirsch“. Doch ihrer politischen Vergangenheit können sie nicht entkommen …
Hatte sich Rainald Goetz, „Chronist der Gegenwart“, 2020 in seinem Stück „Reich des Todes“ mit einer zynisch gewordenen Machtpolitik demokratischer Staaten im 21. Jahrhundert auseinandergesetzt, richtet sich sein Augenmerk in der „Baracke“ auf das Private, den Terror, der sich in der Institution Familie eingenistet hat. Familie sei das Wichtigste, heißt es. Für manche löst jedoch allein das Wort Schweißausbrüche aus. Und Rainald Goetz befindet: „Jeder Hass geht von der Familie aus“. Er beschreibt messerscharf den Verfall einer Familie über drei Jahrzehnte, über eine Generation hinweg und was geschieht, wenn Liebe scheitert: schweigende Väter, stumm leidende Mütter, Kälte, Hass, „Stumpfsinn und die übliche Brutalität des Zusammenlebens“. Goetz lässt die Gespenster der Vergangenheit auf die Geister der Gegenwart treffen und stellt die große Frage, wie ein Miteinander überhaupt gelingen kann.
Bei dieser Inszenierung kommen Stroboskopeffekte (schnelle Lichtblitze) zum Einsatz.
Aufführungsdauer: ca. 2 Stunden und 10 Minuten, eine Pause
Das Ensemble spielte schlichtweg phänomenal (Fränkischer Tag)
Es bedarf eines wahnsinnig guten Ensembles, um diese kunstvoll gedrechselten, vor Intensität bebenden Sätze möglichst ungezwungen zu sprechen. Schauspielerinnen und Schauspieler sollen keine Sprechautomaten sein. Sie sollen Figuren spielen, denen man ein echtes Leben abnimmt. Alina Rank, Barbara Wurster, Daniel Seniuk, Leon Tölle und Jeremias Beckford waren an diesem Abend dieses wahnsinnig gute Ensemble. In ihren unterschiedlichen, immer wieder wechselnden Rollen springen sie zwischen Verliebtheit, Rausch, Terror, Angst und Hass. Ihre schauspielerische Leistung: phänomenal! (Fränkischer Tag)
Damit ist die riesengroße Aufgabe beschrieben, vor der Regisseur Philipp Arnold und mit ihm Dramaturgin Petra Schiller standen. Sie meisterten diese Aufgabe, indem sie die von Goetz heraufbeschworenen Intensitäten und Atmosphären in suggestive Bilder, Szenen und Zustände übertrugen. Dazu gehörten viel Musik und Videos, dazu gehörte auch das von Viktor Reim eingerichtete Bühnenbild: Schattierungen von Schwarz, eingefasst von drei blütenweißen Tüchern. (Fränkischer Tag)
Barbara Wurster und Daniel Seniuk spielen Szenen aus der Familienhölle. Minutenlang durfte sich das Publikum sogar im Kino wähnen. Auf ein dünnes Tuch ließ Arnold eine von Seniuk und Wurster atemberaubend intensiv gespielte Szene aus der Familienhölle projizieren. Das schlaflose Kleinkind, die überreizten Eltern, die Überforderung, die Angst vor der Auslöschung des Ichs, das bestrafende Schweigen, die grausam pervertierte Paarkommunikation, die Verachtung, der Hass, die Gewalt. (Fränkischer Tag)