\ Archiv \ Gott ist nicht schüchtern
IN EINER FASSUNG VON SIBYLLE BROLL-PAPE UND PETRA SCHILLER
Premiere am 28. Januar 2022
B I L D E R - G A L E R I E
Eine Einführung findet eine halbe Stunde vor Stückbeginn statt.
Die Audio-Einführung in das Stück durch die Produktionsdramaturgin Petra Schiller und Dramaturgieassistentin Sonja Honold können Sie sich hier anhören.
Für den jungen Chirurg Hammoudi sind es die "glücklichsten Jahre seines Lebens". Um seinen Pass zu verlängern, reist er aus Paris in seine Heimatstadt Deir az-Zour, nach Syrien. Es ist der Frühling 2011: Auf den Straßen wird friedlich für ein demokratisches Leben und gegen die Willkürherrschaft Assads demonstriert. Hammoudis Passverlängerung fällt einer bürokratischen Schikane zum Opfer, man lässt ihn nicht mehr ausreisen. Amal ist eine Tochter der syrischen Oberschicht, die sich in Damaskus an den Demonstrationen beteiligt. Gemeinsam, so der elektrisierende Gedanke, ließe sich eine freiere Zukunft erkämpfen. Doch sie wird beschattet, festgenommen und verhört. Entlang der Ereignisse des sich entwickelnden Bürgerkrieges werden die zukunftsträchtigen Leben Hammoudis, Amals und ihres Freunds Youssef zu Fluchtbiografien. Alle drei fliehen über das Meer - überfüllte Boote, ertrinkende Mitflüchtlinge, Moria, Asylverfahren, Berlin. Dort treffen sie sich zufällig. Amal "hasst es, sich nicht auf Deutsch verständlich machen zu können und dass in den Behörden niemand außer den Security-Männern in der Lage ist, auch nur das primitivste Englisch zu sprechen. Sie hasst es, als Muslimin und Schmarotzerin angesehen zu werden, und sie hasst sich selbst. Die Welt hat eine neue Rasse erfunden, die der Flüchtlinge und Refugees, Muslime oder Newcomer."
Olga Grjasnowas Roman "Gott ist nicht schüchtern" kartographiert den sogenannten Arabischen Frühling, der 2011 auch in Syrien vor allem die junge Mittel- und Oberschicht auf die Straße bringt. Die Autorin hat zahlreiche Interviews geführt, in der Türkei, dem Libanon und Griechenland recherchiert und ihr Wissen zu Figuren konzentriert, denen wir zufällig begegnen könnten. Nach "Der Russe ist einer, der Birken liebt" ist dies ihr dritter Roman.
Aufführungsdauer: 1 Stunde und 35 Minuten, keine Pause
Die Schauspielerinnen und Schauspieler verzichten in ihrem Spiel auf alles Forcierte und übermäßig Theatralische. Sie sprechen von sich oft in der dritten Person, wie sie das Stück ohnehin vor allem durch ihre Gespräche vorantreiben. Diese inszenatorische Nüchternheit hätte steril geraten können, zeitigte aber gerade in den Extremen einen gegenteiligen Effekt. Denn die in den Köpfen der Zuschauer sich formenden Bilder von Folter und Gewalt dürften der fürchterlichen Wirklichkeit näher gekommen sein, als dies jeder – an Mindeststandards des Zumutbaren ja gebundenen – szenischen Darstellung auf der Bamberger Bühne möglich gewesen wäre. (Fränkischer Tag)