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AUS DEM AMERIKANISCHEN VON ROBIN DETJE
DEUTSCHSPRACHIGE ERSTAUFFÜHRUNG
B I L D E R - G A L E R I E
Avery wächst bei Mutter und Vater auf einer abgeschiedenen Farm auf. Durch die Latten des Zauns kann sie die Außenwelt nur erahnen, verlassen darf sie die Farm nicht. Jeden Morgen gibt es ein Ei und ein Gebet. Dankbar soll Avery sein für das, was ihr Leben ist. Sie kennt niemanden in ihrem Alter, ihren Wortschatz erweitert sie durch ein Wörterbuch, das ihr Onkel ihr schenkte. Nur er darf die Farm verlassen, um mit seinem Truck Besorgungen zu machen und manchmal eine Frau mit nach Hause zu bringen. Er wird sich bald erschossen haben. Als Avery Kontakt mit Lieferjunge aufnimmt, ergibt sich die Möglichkeit, aus der rituellen und ideologischen Enge zu fliehen. Doch so einfach ist das „traute Heim“ nicht zu verlassen. Nach einem Verlust verheißenden Albtraum fehlen Mutter alle Zähne. Was hat Lieferjunge damit zu tun, der mit blutiger Zange im Flur steht? In geloopten Erfahrungen und Erinnerungen – „Jetzt vergeht Zeit, und dann vergeht sie nicht mehr“ – durchlebt Avery die Grausamkeiten des heteronormativen Kleinfamiliendogmas. Sie sucht ihren unabdingbaren Weg in die Freiheit. Der Onkel ein Geist, die Tochter in ihrer Identität nicht gesehen, begehren sie auf gegen eine Welt, in der das Mantra der Eltern „Zweifelnd vergehen wir. Gemeinsam bestehen wir“ lautet.
Sam Max skizziert eine „Familie, gemalt mit Fingerfarben", in der Hasen aus Nachthemden purzeln, eine Erinnerung auch Vorsehung sein kann und sich Albträume erfüllen. Der 2021 zum Berliner Stückemarkt eingeladene Text verhandelt das Trauma, in der eigenen Identität negiert zu werden, und die kollektive Gefahr gesellschaftlicher Zwänge. Sam Max lebt in Brooklyn, New York, und ist Autor*in, Regisseur*in, Musiker*in und Designer*in.
Aufführungsdauer: ca. 1 Stunde und 45 Minuten, keine Pause
PREMIERE: 20. JANUAR 2023
Wilke Weermann hat am ETA Hoffmann Theater Bamberg die Deutschsprachige Erstaufführung von Sam Max' Debütstück "Zaun" inszeniert - und ein in jeder Hinsicht überzeugendes Abbild gesellschaftlicher Abgründe geschaffen! (Die Deutsche Bühne)
Das Fazit fällt am Ende leicht: Wer dieses bemerkenswerte Stück (das 2021 übrigens als szenische Lesung durch Charlotte Sprenger beim Stückemarkt der Berliner Festspiele zu erleben war) nachspielen möchte, hat dazu gute Gründe. Diese Inszenierung durch Wilke Weermann und sein künstlerisches Team belegt, warum wir es heute, hier und jetzt sehen sollten. (Die Deutsche Bühne)
Johanna Stenzels Ausstattung ist wie ein Sinnbild für die Abwesenheit von Gefühl und die Omnipräsenz einer cisgeschlechtlichen Kindheitsprägung. (Die Deutsche Bühne)
Jeanne Le Moign verleiht der Hauptfigur Naivität und Kaltschnäuzigkeit, aber auch eine Sensibilität, die im krassen Gegensatz zu der eindrücklichen Fratzenhaftigkeit steht, mit der Philine Bührer und Florian Walter Mutter und Vater verkörpern. Da zeigt sogar der tote Onkel (ebenfalls überzeugend: Eric Wehlan) mehr emotionale Regung.
"Die Kunstfertigkeit beeindruckt, mit der Weermann und Sounddesigner Constantin John mit Tonspuren die Handlung begleiten, vorantreiben und akzentuieren. [...] An den Schauspielerinnen und Schauspielern Bühne ist es, sich gestisch zu den oft vorproduzierten Soundcollagen zu verhalten. Sie alle meistern diese Herausforderung mit Bravour." (Fränkischer Tag)
"Realität, Traum und Fantasie sind nicht mehr auseinanderzuhalten. Alles verschwimmt. Die Linearität ist aufgehoben, die Logik auch. Es bleibt das faszinierende Gefühl einer Verstörung." (Fränkischer Tag)