\ Archiv \ Die Ärztin
SEHR FREI NACH „PROFESSOR BERNHARDI“ VON ARTHUR SCHNITZLERDEUTSCH VON CHRISTINA SCHLÖGL
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Dr. Ruth Wolff hat sich im Kampf gegen Alzheimer einen Namen gemacht, sie ist eine Koryphäe auf ihrem Gebiet und leitet erfolgreich eine angesehene Privatklinik. Nur bei ihren Kolleg*innen ist sie aufgrund ihrer rigorosen Art nicht unbedingt beliebt. Als die vierzehnjährige Emily nach einer heimlichen, selbst durchgeführten Abtreibung in die Notaufnahme eingeliefert wird, holt Ruth das Mädchen kurzerhand in ihre Abteilung. Doch die Sepsis ist zu weit fortgeschritten, die Ärztin kann der Patientin nicht mehr helfen, sondern nur noch für ihren friedlichen Tod sorgen. Als sie dem katholischen Priester aus der Gemeinde der Eltern den Zutritt zu der Sterbenden verwehrt, weil es in deren Akte keinen Hinweis auf ihre Religion gibt, kommt es zu einer Auseinandersetzung, die schwerwiegende Folgen haben wird – erst intern, dann viral. Eine Online-Petition wird gestartet, in der die Unterzeichnenden eine Untersuchung des Vorfalls fordern Ruth wird Rassismus vorgeworfen, denn der Priester ist Schwarz. Zugleich sieht sich Ruth, weiß und säkulare Jüdin, antisemitischen und frauenfeindlichen Ressentiments ausgesetzt. Eine Lawine der Entrüstung und Verachtung brichtlos – gewaltig und scheinbar unversöhnlich.
"'Die Ärztin' ist wie eine Operation am offenen Herzen unserer Gegenwart, die immer komplizierter wird, je tiefer man schneidet", schrieb die britische Tageszeitung The Times anlässlich der Londoner Uraufführung. Robert Icke entwickelt auf der Grundlage von Arthur Schnitzlers "Professor Bernhardi" einen Moral-Thriller, der die komplexen Zusammenhänge und Fragestellungen von medizinischer Ethik, ökonomischem Druck, Identitätspolitik und toxischen Öffentlichkeitsdiskursen genial durchleuchtet. Anstatt eindeutige Antworten zu liefern, spielt er virtuos mit der Wahrnehmung des Publikums und schafft überraschende Perspektivwechsel, durch die sich die Interpretation der Ereignisse immer wieder aufs Neue ändert.
Spieldauer: 2 Stunden, 30 Minuten, eine Pause
Hinweis: Diese Inszenierung thematisiert Antisemitismus, Rassismus, Tod, Suizid (genaue Schilderung eines begangenen Suizids), Demenz, Abtreibung, Fat Shaming und Sexismus.
Die Inszenierung versteht es, den Diskurs- wie den Spannungsbogen über zweieinhalb Stunden zu halten. Wenn sich die Ärztin (souverän: Alina Rank) in einer Talkshow ihren Gegnern stellt und sich ihre Privilegien als "weiße Frau einer Elite" vorhalten lassen muss, ist es im Parkett knisternd still. Es ist, als könnte man das Publikum beim Mitdenken hören. (Süddeutsche Zeitung)
Das Bühnenbild im Bamberger E.T.A. Hoffmann Theater zeigt zu Die Ärztin des international erfolgreichen englischen Autors Robert Icke Räume in einem „Elisabeth-Institut“, einer Art Krankenhausstiftung. Die funktionale Architektur auf der Bühne ist meisterhaft gebaut und eingerichtet, sodass sie Raum schafft für Dialoge. (Bayerische Staatszeitung)